In den Medien ist immer häufiger vom Gegenwind weltweit gegen die Gleichstellung von Frauen zu lesen. Das muss Marlise Münchau sehr geärgert haben.

Marlise war die Schulfreundin meiner Mutter und wurde auch meine Freundin. Uns verband unter anderem die Geschichte, dass wir beide bei Familienfeiern lieber bei den Gesprächen der Männer über Wirtschaft und Politik im sogenannten Herrenzimmer zugehört hätten als denen der Frauen über Urlaub und Kindererziehung. Das blieb uns beiden aber verwehrt und lieferte wohl früh den Ansporn, etwas verändern zu wollen.

Durch den tödlichen Autounfall ihres Mannes wurde Marlise früh Witwe und musste sich allein um ihre beiden Kinder kümmern. In dieser Zeit begann sie ihr Engagement. Sie wurde Elternvertreterin. Ihre Familie und insbesondere ihr Enkel waren Marlise sehr wichtig.

1979 übernahm sie den Vorsitz der Frauen Union Kreisverband Celle (FU), der „Lobby für die Anliegen der Frauen in der CDU und in der Politik“, wie es die heutige FU definiert. Die FU wurde bereits 1948 gegründet, bekam aber erst unter Rita Süssmuth Anfang der 80-er Jahre richtig Aufschwung durch die Anerkennung ihrer Bedeutung für die Partei. Der damalige CDU-Generalsekretärs Heiner Geißler sagte damals auf dem Bundesparteitag in Essen 1985: „Eine große Volkspartei wie die CDU kann es sich nicht leisten, die Bedürfnisse, die Lebensperspektiven von Frauen zu ignorieren.“

Marlise kämpfte fortan für die Rechte der Frauen und war von vielen Männern gefürchtet. Wenn sie bei CDU-Veranstaltungen aufstand, ging häufig ein Raunen durch den Raum.

Sie war von 1976 bis 1996 Stadtratsabgeordnete, von 1981 bis 2001 Kreistagsabgeordnete, saß im Ortsrat Neuenhäusen, wo sie 5 Jahre lang den Vorsitz innehatte, war ständiges Mitglied im Frauenforum, dem langjährigen Zusammenschluss aller an frauenpolitischen Themen interessierten Frauenverbände in Stadt und Landkreis Celle und im Vorstand des Deutschen Frauenrings Celle, darunter auch mehrere Jahre als dessen Vorsitzende.

Und Marlise war, zusammen mit Gundula Hepper von der SPD, Initiatorin und auch lange Jahre Moderatorin des „Neuen Starts“, der Mütter durch ein umfangreiches 3-wöchiges Programm unterstützte, wieder eine Perspektive für ihr Leben zu entwickeln, wieder in den Beruf zu kommen. Darauf war sie besonders stolz. Und auch auf ihre langjährige Arbeit als Mentorin für Grundschüler/-innen.

Marlise Münchau war zu allen Zeiten ein politisch interessierter Mensch. Es machte sie glücklich zu sehen, dass es immer mehr Frauen in herausgehobenen Positionen gibt, und sie hörte auch nicht auf, diese Tatsache immer wieder in Gesprächskreisen hervorzuheben und damit Frauen zu fördern.

Schon 1990 erhielt Marlise Münchau das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und bekam 2017 im Rahmen des Bürgerempfangs – auch völlig verdient – die Ehrenmedaille der Stadt Celle verliehen, was sie sehr freute.

Marlise Münchau war ein Vorbild und wird mir und uns sehr fehlen.

Silke Kollster